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Künstliche Maschinen

Titelbild: Johanna Pichlbauer, TU Wien, Universität für angewandte Kunst Wien

Die Industriedesignerin Johanna Pichlbauer sieht ihre Arbeit an der Schnittstelle von Mensch und Maschine – und geht dabei der Frage nach, was passiert, wenn beide näher aneinanderrücken.

Rückblickend betrachtet, sagt ­Johanna Pichlbauer, ergebe alles, was sie getan habe, Sinn. Das war offenbar nicht immer so. Als sie sich vor einigen Jahren für das Studium des Maschinenbaus an der TU Wien entschied, merkte sie, dass man sich sehr intensiv auf das Technische fokussieren musste – „dadurch konnte man sich nicht auf das ‚Bigger ­Picture‘ konzentrieren“, sagt sie.

Letzteres sollte ­Pichlbauer durch das Studium Industrial ­Design an der Angewandten (Universität für angewandte Kunst Wien, Anm.) nähergebracht werden. Beide Studien beendete Pichlbauer erfolgreich und entdeckte dabei, dass bei allem, das sie in Angriff nahm, im Kern die Beziehung zwischen Mensch und Maschine stand. Oder die Frage: Was passiert, wenn die beiden näher zueinanderrücken?

Ein Beispiel: Pichlbauer hat einen Schminkroboter kreiert – eine einfach konstruierte Maschine mit einem Pinsel, der über einen Dreharm in einen Farbtopf fährt, um danach Pinselstriche auf den Gesichtern der Ausstellungsbesucher zu hinterlassen. Ähnlich bei der Applikation des Lippenstifts: Dieser ist auf einem kleinen Drehmotor befestigt. Will man, dass der Lippenstift halbwegs an die richtige Stelle kommt, muss man als Proband mit der Maschine mitarbeiten. „Eigentlich war das Objekt als Metapher für Automatisierung gedacht“, sagt Pichlbauer heute.

Was sie jedoch beobachtete, hat sie extrem überrascht: „Sofort entstand eine Intimität zwischen Mensch und Maschine – das zu erforschen ist total spannend“, so die Designerin. Es brauche nicht viel, damit Menschen bestimmte Dinge in Maschinen hineininterpretieren oder Mitleid mit ihnen haben, wenn sie einfache Tätigkeiten nicht beherrschen.

„Menschen nehmen sehr schnell eine hohe Kompetenz der Maschine an – selbst, wenn die Maschine dumm ist“, sagt Pichlbauer. Spannend sei das deshalb, weil nur der Programmierer den Algorithmus kennt. Darin liege viel Manipulatives. An diesen Punkten müssten wir uns „als Akteure und Akteurinnen in diesem Spiel verstehen. Es ist wichtig, dass wir uns rechtzeitig Gedanken darüber machen, wie wir mit neuen Technologien leben, arbeiten, uns fortbewegen oder kommunizieren wollen. Als Designerin kann ich Narrative erschaffen, die die Menschen auch emotional in diesen Diskussionsprozess einbringen“, so Pichlbauer weiter.

Die Ängste vor vielen Technologien, etwa künstlicher Intelligenz, kämen hoch, weil wir Menschen uns die Zukunft nicht vorstellen können, sagt sie. Als Designerin sieht sie ihre Aufgabe auch darin, Zukunftsvisionen zu schaffen – und zwar solche, auf die es sich lohnt, hinzuarbeiten. Es gehe schließlich, so Pichlbauer, um interessante Entwicklungen für die Menschheit – aber auch um den Markt, die Interessen des Einzelnen und das Verrutschen des Gefüges.

Dieser Artikel ist in unserer März-Ausgabe 2019 „KI“ erschienen.

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